Dies wird der erste Teil einer Serie, die sich alle mit der Entwicklung und Weiterentwicklung von Charakteren befassen wird.

Okay, erstmal vorab: ich habe nicht Literaturwissenschaften studiert 😅 daher erwartet bitte keine Dissertation über die Ausarbeitung von Charakteren. Aber ich schreibe gerne und viel und irgendwann habe ich die Hoffnung (noch nicht aufgegeben) einen Roman zu veröffentlichen. Allein in diesem Jahr habe ich fast ein Dutzend Kurzgeschichten geschrieben und eingereicht, zwei davon mit Erfolg, daher kann ich ja nicht alles falsch machen, nicht wahr?

Ich werde mich hier auf meine eigene Vorgehensweise beziehen und wie ich in der Regel vorgehe. Die meisten meiner Charaktere kommen gut an – wenn ich dem meist wohlwollendem Feedback Glauben schenken möchte.

Am Schluss möchte ich am Beispiel meiner drei Schritte einen Charakter skizzieren und ihr könnt mir gerne sagen, ob ihr eine ungefähre Vorstellung von der Person erhalten habt, oder nicht 😉

Wie entwickele ich also meine Charaktere?

Es beginnt sehr sehr simpel, so simpel, dass man denken mag, es ist zu trivial, um es zu erwähnen – doch ist es für mich der erste Schritt.

Schritt 1: Der Name

„Nomen est Omen“ (der Name ist ein Zeichen) sagten bereits die alten Römer. Jeder Charakter braucht einen Namen. Einen Namen, der zu ihm oder zu ihr passt. Wenn der Name nicht zum Charakter passt, fühlt es sich für mich falsch an.

Wie findet man den Namen des Charakters, ohne den Charakter zu kennen?

Den passenden Namen für einen Charakter zu finden, ohne eine ungefähre Vorstellung von der Person zu haben, ist nicht möglich, wie ich selbst rausfinden musste.

Also nutze ich meist einen „Platzhalter“. Ich nenne meinen Charakter irgendwie und halte mir die Option frei, den Namen jederzeit zu ändern. Das hilft mir sehr in der Entwicklung.

            Wahre Geschichte: ich habe in einer Erzählung einen Charakter „Thilo“ genannt. Es war kein Platzhalter-Name, ich wollte ihn wirklich so nennen. Aber ich habe mich dermaßen oft vertippt und „Theo“ geschrieben, dass mir irgendwann ein Licht aufging. Der Charakter wollte nicht Thilo heißen, sondern Theo. Ich gab ihm den Namen, den er sich gewünscht hat und die Geschichte flog nur so dahin. Lustigerweise habe ich mich gerade eben auch vertippt *lol* Theo will nun mal kein Thilo sein. Das ist nicht sein Name.

Tipp: es gibt online (wo auch sonst…) Namensgeneratoren, die euch bei der Suche nach einem Namen helfen können. Oder es gibt Listen von „häufigsten Namen“ in allen Sprachen und für alle Nationen der Erde. Mir haben solche Listen schon immer sehr viel weitergeholfen.

Schritt 2: Das Aussehen

Hört sich wieder trivial an, aber ich möchte als Leser eine gute Vorstellung von der Person haben, über die ich lese, daher stelle ich mir als Autorin auch die Frage: wie sieht der Charakter aus? Selbstverständlich soll die Beschreibung nicht zu sehr ins Detail gehen, damit der Leser noch die Fantasie laufen lassen und seine eigene Vorstellung vom Charakter entwickeln, aber bestimmte Eckdaten sollten schon feststehen.

Z.B. Handelt es sich um einen Mann oder eine Frau (ich halte das jetzt mal simpel)? Ist der Charakter groß oder klein? Welche Haarfarbe hat der Charakter? Welche Augenfarbe? Hat der Charakter besondere Merkmale, wie Tattoos oder Narben?

Wichtig für die Geschichte ist natürlich auch, welches Alter hat die Person? Jünger oder älter spiegelt sich unmittelbar im Aussehen. Hat die Person Falten oder graue Haare?

Über den Punkt: Kleidungsstil kann man natürlich streiten. Ist es ein Teil des Aussehens oder ist es schon der Ausdruck der Persönlichkeit? Wenn ein Charakter gerne Jeans, T-Shirt und Turnschuhe trägt, ist es vermutlich eine andere Persönlichkeit als ein Charakter, der sich gerne schick in Anzügen oder Cocktailkleider anzieht.

In den ersten Schritten der Charakterentwicklung mache ich mir gerne auch eine ungefähre Vorstellung von ihrem Kleidungsstil. Von hier bis zu den ersten Eigenschaften der Person ist es nur noch ein Schritt.

Schritt 3: Kerneigenschaften

Was sind Kerneigenschaften einer Person? Kerneigenschaften sind diejenigen Charakterzüge, die uns definieren und unser Verhalten entscheidend steuern – so die gängige Definition. Eigenschaften wie: introvertiert oder extrovertiert, loyal, belastbar, zuverlässig und so weiter. 

Hier überlege ich immer ein wenig länger und denke genau über die Eigenschaften nach, die mein Charakter – wir reden hier von einem Hauptcharakter – haben muss, um den Plot zu tragen bzw. um innerhalb des Plots glaubwürdig zu agieren.

Wahre Geschichte: Mein letzter Charakter sollte ein introvertierter, schüchterner, sehr loyaler junger Mann sein, der mit großen Schwierigkeiten in seinen jungen Jahren konfrontiert wurde. Der Plot bzw. die Entwicklung des Plots erforderte eine leise, in sich zurückgezogene Person. Ich fing an zu schreiben und der Plot entfaltete fröhlich vor sich hin. Aber das Charakter wollte so gar nicht 🤦‍♀️ Es fühlte sich an, als ob er auf meinen Schultern saß und mit mir herumdiskutierte, dass er ganz und gar nicht so ist, wie ich ihn schreibe. Ich musste am Schluss tatsächlich alles umschreiben und den Plot neu denken, weil mein Hauptcharakter eine extrovertierte, vorlaute, freche, bisweilen exzentrische Person sein wollte. Anders klappte die Geschichte nicht. Man stelle sich das vor!

An dieser Stelle finde ich es sehr wichtig, dem Charakter nicht nur positive Eigenschaften zuzuschreiben – das ist unrealistisch und schiebt die Entwicklung in Richtung einer Mary Sue (darüber schreibe ich einen anderen Beitrag).

Ein glaubwürdiger Charakter hat Fehler und Macken, Ängste und Nöte, wie jeder normale, atmende Mensch auf dieser Welt auch. Es sein denn, euer Charakter ist kein Mensch, dann könnt ihr euch gerne die Macken der anderen Spezies aussuchen. Aber negative Eigenschaften und Charakterfehler machen eure Person erst glaubwürdig und lassen den Leser eine gute Verbindung mit ihr aufbauen.

Einige negative Eigenschaften wären z.B. arrogant, cholerisch, eitel, habgierig, heimtückisch usw.

Es ist ein kleiner Trend in den letzten Jahren in der Literatur den Charakter eine Abhängigkeit dazu zu dichten, am häufigsten – besonders im Krimigenre – eine Alkoholabhängigkeit. Das ist aber keine Charaktereigenschaft, sondern eine Krankheit. Und ich bin es echt müde, immer wieder zu lesen, dass der Charakter ja so toll wäre, er/sie trinkt nur etwas viel. Damit wäre die „negative Eigenschaft“ ja schon abgedeckt.

Hier wäre die Eigenschaft vielleicht: willensschwach oder beeinflussbar oder wenig belastbar.

Die Skizze zu einem Charakter: wenden wir die drei Schritte also mal konkret an.

  • Schritt 1: Name

Platzhaltername: Samuel Fischer (interessant, der erste Gedanke, den ich hatte, war ein männlicher Name – okay).

  • Schritt 2: Aussehen

Samuel ist ein kleiner schmächtiger junger Mann Mitte zwanzig, mit braunen Augen und kurzen, dunklen Locken. Er spricht meist sehr leise und trägt gerne helle, ein wenig zu große Kleidung, die seinen schmalen Körper verbergen.

  • Schritt 3: Kerneigenschaften

Habt ihr schon einer Person vor Augen? Ich schon 😉 Und einige Kerneigenschaften mit dazu: Samuel ist introvertiert und schüchtern. Er ist in Bezug auf sein Aussehen sehr unsicher und strahlt diese Unsicherheit auch aus. Für sein Umfeld ist er meist unsichtbar, was ihn noch schüchterner macht, als er ohnehin schon ist.

Er hat einen Zug zu unangemessenen Scherzen, oft auf Kosten anderer. Es ist eine Möglichkeit für ihn, aufzufallen. Von seinem Umfeld wird er bisweilen als zynisch wahrgenommen.

Interessanterweise gefällt mir der Nachname des Charakters gut. Der Vorname passt aber nicht – ich könnte nicht erklären, warum. Wenn ich die Geschichte von Samuel Fischer weitererzählen wollte, würde ich ihm einen neuen Vornamen verpassen.

In der nächsten „Folge“ werde ich mit der Entwicklung des Charakters weitermachen und schauen, wo es mich hinführt.

Hinweis: alle Bilder sind von mir (im Urlaub selbst geschossen – das Beitragsbild war in einem Workshop, wo wir Figürchen bauen sollten. Die Resulatete waren – ähm – kreativ. Meine Figur war Lila.

Ein Gedanke zu „In drei Schritten zu einem Charakter – die Basiseigenschaften“

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