Eine Frage, die ich oft zum Thema Schreiben erhalte ist: wo kommen deine Ideen her? Tja… in dem Fall kann ich natürlich nur von mir sprechen, aber Inspiration kann überall sein und jedes Hilfsmittel kann mich zu einer Idee anregen.
In verschiedenen Schreibseminaren und Workshops habe ich einige Inspirationsquellen kennengelernt – und einige hier bereits gepostet (ich verlinke euch die Artikel unten oder ihr findet sie in der Kategorie „Schreibübungen“ 🙂 ).
In einem Workshop nutzte die Dozentin Spielkarten – speziell: Oh!-Karten. Ich weiß nicht genau, wofür diese Karten genutzt werden – wenn es jemand weiß, scheibt es mir gerne in die Kommentare 😉 – aber sie haben sehr interessante Bilder darauf. Die Dozentin hat die Karten auf den Tisch verteilt und jeder von uns (wir waren eine Gruppe von 10 Personen, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht), konnte sich eine Karte aussuchen und eine kurze Geschichte skizzieren. Ich durfte mir jede Karte aussuchen, die mich inspirierte oder ich konnte jemanden bitten, mir eine Karte zu geben. Einfach auf Gutglück! Ich habe mir eine Karte geben lassen. Ich dachte, es ist lustiger so.
Ich bekam eine Karte mit einem älteren Paar, Mann und Frau, die auf einer Bank saßen. Um das Bild des Paares herum waren überall kleine Textfelder mit dem Wort „Männer“ darauf. Mir fiel dazu folgender Text ein (wieder exakt so transkribiert, wie ich ihn im Workshop verfasst habe).
Der Text
Sie sind alt. Haben ein langes Leben gelegt. Ruhig plaudernd sitzen sie auf der Bank. Ihre Bank. Auf der sie seit 20 Jahren jeden Sonntag nach der Kirche gesessen und geplaudert haben. Über die Nachbarn, über die Familie – Olga hatte schon den fünften Ehemann, weißt du noch? – über die Kinder – Nadja hatte ihr Studium abgebrochen und war mit einem Künstler durchgebrannt. Sergej war Anwalt. Oder Steuerberater? Was war er nochmal?
Sie sind alt.
Und vergesslich.
Sergej ist auch alt.
Und hat sie vergessen.
Nadja war nicht alt.
Nadja war tot.
Im Kindbett verblutet.
Sie erinnern sich kaum noch an den Schmerz.
Denn sie sind alt und vergesslich.
Sie sitzen auf der Bank und plaudern.
Heute gingen sie nicht in die Kirche, denn die Kirche war zu, aber sie haben vergessen, warum.
Sie sitzen jetzt auf der Bank und plaudern, wie jeden Sonntag.
Um sie herum sind Männer.
Männer mit Gewehren.
Das interessiert sie nicht.
Sie wollen nur auf der Bank sitzen und plaudern.
Das Ungetüm auf Ketten rast auf sie zu. Bremst scharf ab. Hält an.
Um sie herum ist Stille.
Meine Gedanken dazu
Ich glaube das Bild und das aktuelle Zeitgeschehen haben dazu beigetragen, dass dieser kurze Text so entstanden ist, wie er entstanden ist. Ich mag ihn sehr, auch wenn er mich bis heute nicht zu einer längeren Geschichte inspiriert hat.
Die nächsten Schreibübungen
Bei den nächsten Schreibübungen werde ich euch ein paar Aufgaben zeigen, die gut in einer Gruppe bearbeitet werden können.
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