Die Texte, die ich euch hier zeigen möchte, sind das Resultat meiner Schreibwerkstatt, die ich mitte April besucht habe und über die ich hier berichtet habe: Schreibwerkstatt – ein exemplarischer Ablauf.

Alle Übungen und wie sie umgesetzt werden, habe ich euch in dem Artikel zur Schreibwerkstatt erklärt, jetzt geht es an die Umsetzung bzw. welche Übung bei mir zu welchem Text führte. Ich hoffe, sie gefallen euch 🙂 Sagt mir gerne eure Meinungen dazu (oder eure Kritik 🙂 ) in den Kommentaren! Auch diese Texte, wie alle meine Übungstexte, habe ich unkorrigiert in ihrer Rohfassung übernommen.

Übung Bild zu Figuren – Edward Hopper „Zimmer in New York“

Es war Sommer 1932 und sie war schon fünf Jahre verheiratet. Sie hatte diese Ehe nicht gewollt, aber es war das Vernünftigste gewesen, nachdem ihre Familie im schrecklichsten Krieg aller Zeiten vor einigen Jahren ums Leben gekommen war.

Alle, ausnahmslos – ihr Vater und ihre vier Brüder. Ihre Mutter war schon im Kindbett gestorben, als ihr kleinster Bruder zur Welt gekommen war. Ein Leben für ein Leben. Elisabeth hatte alle überlebt und brauchte jemanden, der für sie sorgte. Sie war allein und verlassen, Hunger drohte, Obdachlosigkeit. Henry? Henry war der rettende Anker.

Elisabeth klimperte leise auf dem Klavier. Henry würde es nicht stören. Ihn störte nie etwas. Er war stupfsinnig, gefühlslos, arrogant – Elisabeth verdrehte innerlich die Augen. Sie hätten ewig so weitermachen können. Henry, jetzt vertieft in seiner Zeitung, hatte nur ein einziges Mal eine Gefühlsregung gezeigt, als sie eingewilligt hatte, ihn zu heiraten. Er hatte sich aufrichtig gefreut. Elisabeth hatte auch damals innerlich die Augen verdreht.

Liebte sie ihn? Natürlich nicht! Liebe er sie? Mit Sicherheit. Hätte sie lernen können, ihn zu lieben? Vielleicht – wenn er nur nicht so stumpfsinnig wäre. So langweilig! So einfallslos! Er sprach selten mehr als drei Sätze am Tag – am liebsten hätte sie ihn manchmal mit einem Wörterbuch durch die Bibliothek gejagt, nur um seinen Wortschatz von 500 auf vielleicht 1000 Wörter zu steigern.

Henry sprach meistens durch seine Taten. Jeden Tag brachte er ihr kleine Geschenke mit – nichts Extravagantes, versteht sich. Als Bankangestellter erlaubte sein Gehalt kein Luxusleben für sich und seiner Frau – aber es reichte für ein sicheres, komfortables Leben. Blumen, ein ledergebundenes Buch, Pralinen – Henry ließ sich jedes Mal etwas Neues einfallen. Es war der einige Bereich in seinem Leben, der sie nicht langweilte.

Aber jetzt…. Jetzt sollte alles anders werden. Denn sie hatte Alex kennengelernt. Alex, der so ganz anders war, als Henry. Daher musste Henry weg. Und das Strychnin in seinem Kaffee würde dafür sorgen, dass er ging und sein Geld blieb. Sein Geld und Alex.

Übung „Der erste Satz“ – Der erste Satz musste „der Morgen begann wie jeder Morgen“ sein

Der Morgen begann wie jeder Morgen. Im Bus sitzend, auf den Weg zur Arbeit. Müde, lustlose Menschen um ihn herum. Viele in ihrem Smartphone vertieft. Die meisten mit Kopfhörern, die Welt um sich herum ausblendend.

Auch in Peters Ohren dröhnte die Musik. Auch sein Smartphone arbeitete schwer, während er sich einfach nur zurücklehnte und die Zeit nutzte, um richtig wach zu werden.

Die umwerfend schöne Frau, die sich neben ihm setzte, brauchte ihn dazu, sich mit einem Ruck aufzusetzen. Klein und zierlich, feenhaft in ihrer Erscheinung, lächelte sie ihm schüchtern zu.

„Ist das der Bus nach Alamo?“

„Himmel nein.“ Peter zog sich die Kopfhörer aus den Ohren. Er atmete tief ein und aus – sie konnte einem auch die Luft wegnehmen, so schön war sie.

„Oh!“, sie sah erschrocken aus. „Wie komme ich denn dahin?“ Hektisch sah sie auf ihr Handy. Google Mapps schien auf dem Bildschirm eingefroren.

„Sie müssten bei der nächsten Haltestelle aussteigen und…“ Peter verstummte unter ihrem verzweifelten Blick. Der Bus kam der Haltestelle näher und legte sich sanft in eine Kurve. „Wissen Sie was? Ich zeige es Ihnen.“

Peter stand auf und ging zur Tür. Er würde mit ihr aussteigen und ihr den Weg zeigen. Würde er zu spät zur Arbeit kommen? Aber sicher! Nur würde er einen Teufel tun und sie im Stich lassen.

Er hörte Bremsen quietschen, etwas wurde gerufen, der Bus schleuderte aus seiner Spur. Peter wurde die Haltestange aus der Hand gerissen – oder wurde er von der Stange weggerissen? – und er prallte unsanft auf den Boden. Sein Kopf schlug auf. Dunkelheit.

Peter blinzelte. Seine Brust schmerzte. Sein Kopf dröhnte. Er lag auf den Rücken, jemand beugte sich über ihn. Er hörte Rufe, sah schemenhafte Schatten, die herumrannten – in heller Kleidung, die grell die Sonnenstrahlen reflektierte. Peter versuchte, zu sprechen.

„Ganz ruhig“, sage die die Person über ihn. „Der Bus hatte einen Unfall.“

Wieder versuchte Peter zu sprechen.

„Sie wurden schwer verletzt“, sagte die Person wieder. „Wir bringen Sie jetzt ins Krankenhaus. Sie hatten Glück, dass Sie zum Zeitpunkt des Unfalls nicht mehr gesessen haben. Eine der Haltestangen ist gebrochen und hätte sie fast durchbohrt. Sie müssen einen Schutzengel gehabt haben.“

Wieder beugte sich die schöne Frau über ihn. Lächelte ihr schüchternes Lächeln. „Du hast noch eine Aufgabe, Peter.“

Peter wollte etwas sagen, aber ihre Erscheinung löste sich schlicht in Luft auf.

Übung „Der letzte Satz“ – der letzte Satz musste „frühstücken auf dem Dach“ sein

Es war das absolute Chaos. Eine Flut an blinkenden blauen Lichtern gab der Straße die Erscheinung einer Unterwasserwelt. Rote Korallen umsäumten die linke Seite der Straße – rote, bedrohliche, heiße Korallen, die sich in den Himmel schraubten. Sie hörte kurze, klare Befehle, Menschen in Uniformen, die planvoll rumgingen, jeder Handgriff durchdacht, jede Bewegung mit Sinn und Ziel. Sie hörte verzweifelte Schreie, unzusammenhängendes Gestammel, sah Menschen in Alltagskleidung herumrennend oder den Uniformierten im Weg stehend. Geduldig schob die Feuerwehr die verwirrten Menschen aus dem Weg und kümmerte sich weiter unbeeindruckt um den Brand. Unzählige Rettungswagen bahnten sich den Weg durch die Polizeiabsperrungen und nahmen die verängstigten Brandopfer in Empfang. Die Flammen hatten sich mittlerweile durch die Fassade des Hauses gefressen und schlugen munter durch jedes Fenster und jeden kleinen Riss in der Dämmung nach außen. Es hatte etwas Fröhliches an sich.

Die Friseurmeisterin sah sich das Spektakel eine Zeitlang an, dann zuckte sie die Schultern und ging frühstücken auf dem Dach.

Übung zur Cluster-Technik

Anfangswort: Schirm

Der „Wörterweg“, der mich inspirierte: Sonne, Hitze, Wüste, Oase, Palmen

Hier gab es auch einen Text, aber den kann ich euch leider nicht zeigen, weil ich mich entschieden habe, den kurzen Text zu überarbeiten und für ein Wettbewerb anzupassen, und zwar dieser Wettbewerb hier: Radieschen – Zeitschrift für Literatur: Wettbewerb zum Thema „Glitzer und Schnitzer“

Das heißt aber auch, dass er nicht veröffentlich sein darf… daher… drückt mir die Daumen für den Wettbewerb und wenn ich sehr viel Glück habe, kann ich euch den Text in seiner publizierten Form zeigen

Auch hier ein Wort zu den Bildern: sie gehören alle mir 🙂 Soll heißen, ich habe sie alle auf meinen Reisen persönlich geschossen. Sie haben keinen direkten Zusammenhang mit dem Artikel, sie sind nur da, um schön zu sein und den Text etwas aufzulockern.

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